Der Große Schritt
OP-Bericht von Dr. Petra Kaiser
 

Dr. Petra Kaiser
Dr. Petra Kaiser

Die Transsexuellen Beauftragte des Transtalk Karlsruhe
Dr. Petra Kaiser ist seit Ende 2003 beim Transtalk Karlsruhe und hat nach ihren Angaben zuvor eine Zeit lang die SHG.  in Heidelberg organisiert.
Sie tritt mit besonderem Elan für den Austausch zwischen allen Transgender Gruppen ein, und wird sich um die Transsexuellen beim Transtalk kümmern.
Im Mai 2004 hat sich Petra nun selbst ihrer Geschlechtsangleichenden Operation unterzogen.
Sie möchte hiermit allen Transsexuellen ihre Erfahrungen mitteilen.

In den letzten zwei Monatstreffen des Transtalks bin ich nicht erschienen, obwohl mir als für die Betreuung der TS zuständigem Teammitglied eine gewisse Präsenzpflicht obliegt.
Grund meiner Abwesenheit war die Durchführung meiner so genannten Geschlechtsangleichenden Operation von Mann zu Frau (MzF).
Meine Rückkehr aus dem Klinikum in Osnabrück ist erst ein paar Tage her und ich komme gerne der Bitte von Emilia nach, mal ganz aktuell davon zu berichten.

Dass der Schritt zur Operation wohlüberlegt sein muss, ist wohl selbstverständlich. Schon eine hormonelle Umstellung hat nach 2 bis 3 Monaten unumkehrbare Folgen; ein chirurgischer Eingriff schafft aber dann endgültige Fakten.
In Osnabrück führt der Chefarzt der Urologischen Klinik, Prof. Dr. H. van Ahlen die Operation durch. Er hat die Operationstechnik von Frau Dr. Spehr in München erlernt und für sich weiterentwickelt. Ziel der OP ist die vollständige Angleichung sowohl organisch als auch optisch an das weibliche Geschlecht. Das heißt konkret Bildung einer funktionsfähigen Neovagina, weiblicher Harnröhrenausgang und Anlegen einer vollständig sensiblen Klitoris sowie natürlich aussehender Schamlippen. Die Schaffung einer Gebärmutter und der Eierstöcke ist nicht möglich und auch nicht angestrebt.
Noch vor 10 Jahren war das z.B. das Anlegen einer empfindungsfähigen Klitoris keineswegs Standard und leider können auch heute noch Operationsrisiken eintreten, die die Operationsziele verfehlen oder aufwendige Nachoperationen erforderlich machen. Aus meiner Beratungspraxis und durch zahlreiche Kontakte zu bereits operierten MzF-TS kann ich sagen, dass das Komplikationsrisiko für derartige Eingriffe bei 50 bis 60 Prozent liegt. Das heißt, dass nachbehandelt werden muss oder gewünschte Ergebnisse nicht voll eintreten. Das sollte man eben vorher wissen.
Ich halte van Ahlen allerdings für einen der besten Chirurgen auf diesem Gebiet und habe schon vorher in natura die von ihm erreichten Ergebnisse gesehen. Er ist Perfektionist und gegenüber transsexuellen Patienten sehr aufgeschlossen und zeigt auch viel menschliche Wärme, was bei Chefärzten und Professoren eher die Ausnahme darstellt.
Meine OP dauerte ca. 8 Stunden unter Vollnarkose und verlief komplikationslos. In einer 2. Sitzung nach 6 Monaten werden dann noch eher kosmetische Feinheiten gestaltet; die erste OP schafft aber schon voll das weibliche Genital. Ich musste 6 Tage auf dem Rücken liegen mit einem Druckverband. In dieser Zeit wurde ich auch ausschließlich künstlich ernährt, denn der Verdauungstrakt muss zunächst stillgelegt sein.
Das erste Sitzbad nach Abnehmen des Verbandes und die Erkundungsreise mit den Fingern zwischen meinen Beinen war unbeschreiblich! Christopher Columbus kann sich nicht viel anders gefühlt haben.
Danach war viel Eigenarbeit nötig, denn man muss mit seinem neuen Körperteil umgehen lernen und Wundversorgung und Hygienemaßnahmen übernimmt der Patient nach einer ersten Einweisung durch den Arzt oder eine Schwester selbst.
In der zweiten Woche wird Frau mobilisiert, das heißt Aufstehen und sich auch etwas bewegen. Die erste leichte Mahlzeit ist dann ein Genuss und ich habe registrieren dürfen, dass der Krankenhausaufenthalt mich um 7 kg leichter gemacht hat. Wer also abnehmen will ........
Mit dem Sitzen ist es allerdings zunächst vorbei, denn wer setzt sich mit seinem Körpergewicht auf das Wundgebiet? Deshalb liegt Frau auch noch eine ganze Zeit lang, sofern sie sich nicht außerhalb des Bettes bewegt.
Da ich auf einer ganz normalen urologischen Station untergebracht war (natürlich in einem Krankenzimmer für Frauen) habe ich es bei einer anderen transsexuellen Patientin erlebt, dass diese von einer Mitpatientin als Zimmergenossin nicht akzeptiert wurde und verlegt werden musste. So macht die Diskriminierung transsexueller Menschen auch nicht vor Krankenhäusern halt. Man fand aber eine Lösung und pflegerisches sowie ärztliches Personal haben sich uns gegenüber stets einwandfrei und sehr freundlich verhalten.
Auch durch meine intensive Mitarbeit ist bei mir der Heilungsprozess überdurchschnittlich gut verlaufen, so dass ich mit der absolut minimalen Verweildauer von genau 3 Wochen (einschließlich 3 Tage OP-Vorbereitung) am 10. Juni die Klinik verlassen konnte.
Nun eine Woche nach der Entlassung geht es mir von Tag zu Tag zunehmend ein wenig besser und sowohl klitoral als auch vaginal hat sich bereits in hohem Maße Emfindungsfähigkeit eingestellt. Das ist auch Ziel des Eingriffes: Sich voll als Frau fühlen und empfinden zu können.
Macht das nicht alle Mühen und Schmerzen wett?
Das meint zumindest

Eure /Ihre Dr. Petra Kaiser


Letzte Änderung am 03.11.06